Modeworte, Wortmoden

Letztens erzählte mir eine Freundin, dass das Motto der Faschingsparty ihrer Tochter in der Volksschule  „Nachhaltigkeit“ laute. Hätte es in meiner Jugend ein Motto für Kostümierungen gegeben, hätte dieses wohl „Märchenland“ oder „Piratenschiff“ gelautet. Das Thema dieser Klasse hingegen brachte meine Freundin auf „Apfel“ oder „Lokomitive“, mich auf „Pfandflasche“. Die wichtigere Frage jedoch ist, was die siebenjährigen Kinder darunter verstehen bzw. wie ihnen der Begriff erkärt wird.

Woran denken Sie bei Nachhaltigkeit? Mir fallen ähnliche Begriffe ein, die laufend verwendet werden, die jeder „irgendwie“ versteht, die jedoch auf Nachfrage einigermaßen vage bleiben: Ökologisierung etwa oder Hipster. Selbst „Digitalisierung“ kann sehr viel bedeuten, unterschiedliche Hoffnungen und Ängste wecken und sich auf unterschiedlichste Maßnahmen beziehen. Worte wie „Migration“ hingegen werden inzwischen relativ undifferenziert verwendet und bewusst in einen bestimmten Kontext gesetzt. Anüsant bis befremdlich ist es, wenn dann Diskussionen zu einem dieser Themen stattfinden, das jeder anders versteht.

Woher kommt diese Ungenauigkeit? Schlagworte sind in Mode, werden von Politikern und Politikerinnen ebenso transportiert wie von Medien und Meinungsbildnern und -bildnerinnen. Zurzeit ist etwa der Klimawandel in aller Munde. Zwar haben wir alle – im besten Fall ein wissenschaftlich fundiertes – Wissen dazu, dennoch wundert es nicht, wenn Maßnahmen gegeneinander ausgespielt werden oder in Gesprächen immer wieder Ratlosigkeit übrig bleibt, weil sich hinter dem Schlagwort so viele Informationen stehen, dass es eine viel differenziertere Betrachtung und Benennung bräuchte. Doch das passiert erstaunlicherweise selten. Oder lässt sich das Phänomen mit unserer schnelllebigen Zeit erklären, in der wenig Platz für eine tiefer gehende und bewusstere Auseinandersetzung fehlt?

Jedenfalls hoffe ich, dass die Lehrerin der Tochter meiner Freundin den Begriff „Nachhaltigkeit“ altersadäquat vermitteln wird. Und nicht weniger hoffe ich, dass es dem Kind erspart bleiben wird, sich als Apfel oder Flasche kostümieren zu  müssen.

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